Masaya – Folklore und Handwerk, aber wo sind die Hexen?
Masaya und die umgebenden Städte im gleichnamigen Departamentos sind für Folkloretänze und gutes Handwerk bekannt. Neben abgefahrenen Holzarbeiten findet man eine große Auswahl an qualitativ hochwertigen Hängematten. Wenn man Glück hat, trifft man sogar die letzten Hexen der Region. Benötigt man eine Auszeit von der Stadt, dann empfiehlt sich ein Tagesausflug zum Laguna de Apoyo.
Ankunft in der Stadt
Nachdem ich aus dem gelben Schulbus, der hierzulande als gewöhnlicher Bus verwendet wurde, ausstieg, befand ich mich mitten im zentralen Markt von Masaya, der im Herzen den Estación de Autobuses Mercado Masaya beherbergte. Neben den vielen Verkaufsständen mit leckeren Früchten aus der Region und dem Lärm der ständig rein und raus fahrenden Busse, stieg einem auch noch der prägnante Duft von Ammoniak in die Nase. Der zentrale Markt war wie in vielen anderen Städten nicht unbedingt vorbildlich, was die Sauberkeit angeht.
Der Markt wirkte zunächst wie ein Labyrinth. Die vielen Stände, die über schmale Gänge miteinander verbunden waren, boten Unmengen an Köstlichkeiten. Ja, es war verlockend. So sehr, dass ich nur noch ans Essen denken musste. Die sich andeutende Mittagshitze brachte so langsam die Birne zum Glühen. An den vielen, sich im Schneckentempo bewegenden und lautstark hupenden Bussen vorbei, gelang ich an die Hauptstraße. Das Leben in Masaya schien im und um den Markt herum intensiv zu pulsieren. An den vielen Geschäften vorbei, über eine kleine Brücke führte der Weg auf direktem Wege in das Zentrum.
Lago de Masaya
Während man die Stadt zu Fuß erkundete, konnte man im äußersten Westen den Masayasee vom Mirador de la Laguna de Masaya aus besichtigen. Ein schöner Ausblick auf das funkelnde Blau, wirkte beruhigend und eignete sich idealerweise zum Verschnaufen. Richtiges Licht und eine kühle Brise in den Abendstunden, dürfte diesen Ort sehr attraktiv machen.
Laguna de Apoyo
Will man nicht nur die Aussicht von der Ferne genießen, sondern auch das kühle Nass spüren, dann sollte man zum Apoyo-See. Da es keine festen Fahrpläne gab, ging ich am späten Nachmittag zum Markt, um einen Bus Richtung Apoyo zu erwischen. Mir wurden zuvor mehrere Möglichkeiten genannt, um zum Apoyo Kratersee zu kommen. Die beste Option war der direkte Masaya-Laguna Bus. Jedenfalls, wenn man wusste, wann der fährt. Da ich an diesem Tag den Bus nicht fand, blieb mir nur der La-Valle-Bus übrig. Dort angekommen muss man knapp 45 Minuten zu Fuß runter zur Laguna, hieß es. Nach etwa einem Kilometer hielt ein netter Mann an, der mich die restliche Strecke im Auto bis zum See fuhr.
Unten angekommen sah man entlang der Straße einige touristische Anlagen, für die man eine Tageskarte kaufen musste. Ich entschied mich, einige Meter zu laufen und die weniger touristischen Abschnitte des Kratersees zu besuchen. An einigen Abschnitten wurde Wäsche gewaschen und an anderen wollten Pärchen unter sich bleiben. Das Waschmittel im Wasser ging mir ständig durch den Kopf, während ich weiter lief. Eigentlich will man so etwas nicht auf der Haut haben, geschweige denn versehentlich runter schlucken. Am Ufer entlang ging ich die letzten Meter, bis ich einen ruhigen Bereich fand und die Gedanken sich von jeglichen Waschmitteln befreiten. Aus den Augen, aus dem Sinn 😉
Mein Strandtuch ausgeweitet und die Snacks im Schatten abgelegt, brutzelte ich in der Sonne. Dabei entging mir nicht, wie sehr der See und die Umgebung verschmutzt waren. Im Gebüsch waren Windeln, Flaschen, Plastiktüten und viele andere Überbleibsel von verantwortungslosen Menschen zu finden. Ich versuchte, die Augen zu schließen und die Gedanken zu unterdrücken. Der Müll um mich herum ließ mir aber keine Ruhe. Solche Momente bringen mich dazu, über meinen eigenen ökologischen Fußabdruck nachzudenken. Was mache ich selber falsch und was kann ich verbessern, waren meine Gedanken in dem Moment. Nach einer halben Stunde stand ich auf und sammelte den ganzen sichtbaren Dreck um meinen Liegeplatz. Dass das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein war und möglicherweise nur mein Gewissen beruhigen sollte, war mir klar.
Am frühen Nachmittag machte ich mich auf den Weg, um zu Mittag zu essen. Mit der vollen Mülltüte in der Hand ging ich zum nächsten Mülleimer. Mit einem guten Gefühl und einem leeren Magen, betrat ich die Hauptstraße. Auf dem Hinweg hatte ich nämlich ein Soda gesehen, wo man lokales Essen zu einem erschwinglichen Preis bekommen konnte. Vor mir liefen zwei lokale Jungs, die rumalberten und wahrscheinlich auf Vogeljagd waren. Als einer von beiden eine halb leere Plastikflasche auf den Boden schmiss, stieg in mir die Galle hoch. Jedoch musste ich mich beruhigen und meinen Zorn runterschlucken, da ich nun mal ein Gast in diesem Land war.
Abends in Masaya
Zur Abendstunde versammelten sich viele Einheimische am Zentralpark. Im Park selber gab es kleine Büdchen mit unterschiedlichen Essensangeboten. Da die lokale Küche wenig bis kaum Abwechslung anbot, kam in mir das Verlangen hoch, Pizza zu essen. Es gab Salamipizza mit Ketchup. Ja, richtig gelesen eine ordentliche Portion Ketchup. Geschmacklich war es, um es freundlich auszudrücken, eine Beleidigung für meinen Gaumen, aber der Hunger musste gestillt werden.
Die Einheimischen schienen sehr zufrieden zu sein. Die müssten mal eine vernünftige Pizza in Europa essen, dachte ich mir und verschlang das letzte Stück und spülte das Ganze mit Fresco herunter. Das nächste Mal bleib ich bei der lokalen Küche, war mein letzter Gedanke.
Neben dem Park gab es noch eine viel besuchte Karaoke-Bar mit Restaurant. Ein großer Burger mit Fritten und dazu eine große Flasche Toña kombiniert mit lateinamerikanischen Klängen im Hintergrund. Ja, so ließ sich der Abend gut ausklingen. Immerhin war das eine gelungene Abwechslung, um mal wieder einen anderen Geschmack auf der Zunge zu haben.
Catarina & Diriomo
Sowohl Catarina als auch Diriomo waren Gemeinden in der näheren Umgebung, die sich für Tagesausflüge eigneten. In Catarina angekommen traf ich den Dorfjunkie, der mich auf Schritt und Tritt verfolgte. Eine sehr verbreitete Masche war es als Pseudoreiseführer hinter einem her zu laufen und irgendwann für diese Dienstleistung Geld zu verlangen. Irgendwann gelang es mir, ihn abzuschütteln.
Mit paar neuen exotischen Früchten im Gepäck ging ich weiter zum Aussichtspunkt, von wo man den Lago de Apoyo aus einer anderen Perspektive anschauen konnte. Aus der Ferne sah man glücklicherweise den ganzen Dreck nicht.
Da die Gemeinde relativ klein war, hatte ich nach kurzer Zeit so gut wie alles gesehen. Auf dem Rückweg stärkte ich mich mit einer leckeren Platte und nahm anschließend den nächsten Bus nach Diriomo.
Folklore statt Hexen
Diriomo wirkte deutlich kleiner als Catarina. Ich schlenderte durch die Straßen und grüßte jeden freundlich, der mir in die Quere kam. Trotz der begrenzten Sprachkenntnisse funktionierten die einfachen Floskeln ziemlich gut. An einem der vielen Häuser waren laute Klänge lateinamerikanischer Musik zu hören. Als ich mich näherte, sah ich, wie einige Jungs und Mädels traditionelle Tänze tanzten. Ich gesellte mich zu den anderen Zuschauern und verfolgte die Aufführung mit mindestens genauso viel Freude. Eigentlich wollte ich paar Hexen treffen. Ich machte mich wieder auf den Weg und hielt Ausschau nach Schriftzügen oder sonstigen Kennzeichnungen, aber leider traf ich keine einzige Hexe.
Der Unfall
Der Tag neigte sich so langsam dem Ende zu und ich saß bereits im Bus zurück nach Masaya. Auf der Schnellstraße, als der Bus mit hoher Geschwindigkeit in die Kurve fuhr, passierte es. Zunächst hörte ich nur eine lauten knall und verstand nicht sofort, was passiert war. Der Bus hielt nach wenigen Metern an. Der Assistent stieg aus und ging nach hinten. Weiter hinten lag ein stark blutender Mann auf dem Boden, der sich nicht mehr rührte. Der Assistent stand nur rum. Keiner rief einen Notarzt. Ich war verwirrt und ziemlich geschockt. Nach wenigen Minuten bewegte sich der Mann endlich wieder. Zum Glück!
Der Mann fuhr einen BMX auf der Innenseite der Kurve, der vom Fahrer übersehen wurde. Mit der hohen Geschwindigkeit des Busses wurde er wohl gegen die felsige Wand und dann auf den Boden geschleudert. Der Assistent kam zurück, nahm einen Kanister mit Wasser und ging wieder zurück zum Verletzten. Der verletzte Mann wurde wieder auf die Beine gestellt. Anschließend goss man ihm das Wasser über den Kopf. Als ob nichts Besonderes passiert wäre, wurde die Fahrt dann wieder fortgesetzt.